Groslot, Robert

Chamber Music for Clarinet

Verlag/Label: GroslotMusic GM 1403
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2014/06 , Seite 91

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 4
Booklet: 4

Robert Groslot, 1951 im belgischen Mechelen geboren, hat sich vor allem als Pianist und Dirigent der «Night of the Proms» einen Namen gemacht. Dieses alljährlich in vielen Ländern stattfindende musikalische Großereignis bestreitet der umtriebige Belgier mit dem 1991 von ihm gegründeten Sinfonieorchester «Il Novecento». Die erklärte Hauptleidenschaft von Robert Groslot ist aber das Komponieren. Und dass er weitaus mehr ist als ein «komponierender Kapellmeister» – eine Kombination, die vor allem in Deutschland traditionell mit Skepsis beäugt wird –, davon legt diese herrliche CD beredtes Zeugnis ab. Erschienen ist sie im Eigenverlag, und laut Aussage des Komponisten steht sie (zusammen mit der bei GroslotMusic bereits publizierten CD Works for Flute and Piccolo, GM 1401, und einer weiteren, GM 1301, auf der u.a. seine Konzerte für Euphonium, Saxofon und Marimba zu hören sind) am Anfang einer ganzen Reihe von CDs, die jetzt nach und nach veröffentlicht werden sollen.
Chamber Music for Clarinet ist Groslots erste Kammermusik-CD – und wenn es stimmt, dass sich der Meister erst in dieser ebenso in­tensiven wie intimen Gattung zeigt, dann darf man konstatieren, dass er hier sein Meisterstück abgeliefert hat. Zugegeben: Groslot ist kein radika­ler Neuerer. Er bewegt sich, was die Wahl der kompositorischen Mittel betrifft, in einem Traditionsrahmen, der von der deutschen Spätromantik ebenso abgesteckt wird wie von den französischen Impressionisten. Aber auch Techniken der Nachkriegs-Avantgarde haben ihre Spuren in den Werken hinterlassen. Innerhalb dieses Rahmens einer erweiterten Tonalität bewegt Groslot sich mit großer Souveränität, bewusst eklekti­zistisch, aber niemals epigonal. Über sein von moderner Malerei inspiriertes Klarinettenquintett Painted Curves sagt der Komponist im Book­let, er habe versucht, einen «leichteren Ton als die berühmten Vorbilder in diesem Genre zu treffen». Das trifft auch auf Parfums Éphémères für Klavier, Klarinette und Viola zu, das
im Vergleich zu Mozarts klassischem Schwesterwerk, dem sogenannten Kegelstatt-Trio KV 498, französischer, tatsächlich parfümierter daherkommt und genau aus dieser duftenden Flüchtigkeit seinen Reiz bezieht. Syn­ästhetisch, suggestiv und gespickt mit Allusionen aus der Mu­sik- und Kunstgeschichte gibt sich auch Wagner’s Moon für Klarinette und Klavier. Einen Höhepunkt der CD bildet dann das dreisätzige Hoquetus – Battaglia – Madrigal für Klavier, Klarinette und Harfe, das in seiner Mischung aus raffinierter, ja geradezu betörender Klangsinnlichkeit und
argumentativer Stringenz die Seelen der Instrumente bis in ihre feinsten Verästelungen ausleuchtet.
Zu verdanken seien die Werke dem Klarinettisten Vlad Weverbergh, der sie zum Leben erweckt habe, sagt Robert Groslot im Grußwort der CD. Tatsächlich hätte man sich kaum einen besseren Instrumentalisten wünschen können. Doch auch die anderen auf der CD zu hörenden Interpreten sind mit spürbarer Begeisterung bei der Sache. Klar ist: Das Repertoire für die Klarinette ist mit dieser CD um einige schöne und gewichtige Werke erweitert worden.

Burkhard Schäfer