Berlin, Dresden, Köln, München: Die Hiobsbotschaften über drastische Kürzungen in den Kulturhaushalten von Kommunen, Ländern und im Bund reißen nicht ab. Betroffen davon sind die Freie Szene genauso wie der institutionalisierte Kulturbetrieb. FREO – FREIE ENSEMBLES UND ORCHESTER IN DEUTSCHLAND e.V. stellt sich deutlich hinter die gesamte Kulturbranche und kritisiert die geplanten Kürzungen scharf. Der Verein fordert die kulturpolitischen Entscheidungsträger:innen auf, diese Entwicklungen zu stoppen, die Kritik ernst zu nehmen und gemeinsam Wege aus der Krise zu finden. Ansonsten droht die Abschaffung unserer vielfältigen Kulturlandschaft. Lena Krause, Geschäftsführerin von FREO e.V.: „Die Kürzungen kommen in einer unverhältnismäßigen Höhe, Kurzfristigkeit und Pauschalität. Wie mit einer Abrissbirne werden Strukturen und Arbeitsgrundlagen langfristig zerstört. Ein Wiederaufbau in der Zukunft? Zweifelhaft. Denn wir wissen aus Erfahrung: Was einmal weg ist, kommt so schnell nicht wieder.“ Christian Fausch, Vorsitzender des FREO e.V., unterstreicht die Kritik: “Unsere Kulturlandschaft ist vielfältig. Sie braucht die institutionalisierten Häuser genauso wie die Freie Szene. Sie sind keine konkurrierenden, sondern sich ergänzende Teile eines lebendigen, vielfältigen kulturellen Ökosystems, das wesentlich zur Attraktivität des Standorts Deutschland beiträgt. Wenn einer dieser Bereiche in Gefahr gerät, wirken sich die Folgen unmittelbar auf den anderen aus.“
Die CISAC, der internationale Dachverband der Verwertungsgesellschaften, hat eine umfangreiche KI-Studie veröffentlicht: Global economic study shows human creators’ future at risk from generative AI. Die Studie zeigt den wirtschaftlichen Einfluss, den generative Künstliche Intelligenz auf die weltweite Kreativbranche haben wird. Während die Studie im Bereich KI-Technologie rasantes Wachstum prognostiziert, sieht sie die Einnahmen von kreativen Künstlerinnen und Künstlern in der Zukunft erheblich beeinträchtigt. Dr. Tobias Holzmüller, CEO der GEMA, kommentiert die Ergebnisse wie folgt: „Der globale Markt für KI-generierte Musik und audiovisuelle Inhalte wird in den nächsten fünf Jahren um das 20fache wachsen. Die Werke der Urheberinnen und Urheber bilden die Grundlage für diese neuen Geschäftsmodelle der KI-Anbieter. Aktuell geht diese rasante Entwicklung stark zu Lasten der Kreativschaffenden – sie werden nicht an den enormen Umsätzen beteiligt. Die Urheberinnen und Urheber werden deshalb perspektivisch bis zu 24 Prozent ihres Einkommens einbüßen. Um dies zu verhindern, müssen sie fair an den Erlösen der KI-Anbieter beteiligt werden. Eine kluge Regulierung, die Fortschritt ermöglicht und zugleich eine gerechte Beteiligung vorsieht, ist weiterhin dringend erforderlich.“
In einer Zeit der multiplen Krisen und dem Erstarken antidemokratischer Kräfte braucht die freie Musikszene eine verantwortungsvolle Bundeskulturpolitik, die ihre gesellschaftliche Relevanz und ihr Potenzial im Blick hat und ihre Bedarfe erkennt. Damit sich die Interessen selbständiger Musiker:innen und freier Ensembles und Orchester in den Wahlprogrammen widerspiegeln, haben die Musikverbände Deutsche Jazzunion, FREO e.V., Pro Musik und unisono einen gemeinsamen Aufruf an die Parteien zur vorgezogenen Bundestagswahl gerichtet. Die Parteispitzen werden darin aufgefordert, die Interessen der freien Musikszene in die Wahlprogramme aufzunehmen und bei den Koalitionsverhandlungen engagiert zu vertreten. Mit fünf Forderungen geben die Verbände konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Resilienz der freien Musikszene: 1. Sicherung der Bundeskulturfonds und Entwicklung neuer Fördermodelle, 2. Verbesserung der sozialen Lage von (solo)selbstständigen Musiker*innen, 3. Verbesserung der Einkommenssituation von selbstständigen Musiker*innen, 4. Entbürokratisierung und Weiterentwicklung von Regelungen im Zuwendungsrecht, 5. Reform der Doppelbesteuerungsabkommen
Zum Welttheatertag am 27. März 2024 bündelt der Deutsche Bühnenverein mit der Kampagne THEATER FÜR DIE DEMOKRATIE Aktionen der Theater und Orchester für Freiheit und Vielfalt in der Gesellschaft. Der Verband macht so das Engagement der Bühnen in Deutschland für die Demokratie sichtbar. Mit der Kampagnenseite www.theaterfürdiedemokratie.de wurde eine Plattform geschaffen, die sich zunehmend mit Inhalten füllen wird. Zum Welttheatertag am Mittwoch, 27. März 2024, werden dort erste gemeinsame Erklärungen und Aktionen der Theater und Orchester veröffentlicht.
Berlin, 19. Januar 2024: Deutscher Musikrat, GEMA und GVL positionieren sich aktiv für gesellschaftliche Vielfalt
“Wir beobachten mit Besorgnis das Erstarken rechtsradikaler Kräfte in Deutschland und die menschenverachten Vertreibungspläne rassistischer Gruppierungen. Die vom gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv aufgedeckte Konferenz in Potsdam, auf der über die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland gesprochen wurde, ist eine weitere Grenzüberschreitung, die absolut schockierend ist und die nicht unwidersprochen bleiben darf (zur Correctiv-Berichterstattung).
Die diskutierten Pläne richten sich gegen die Existenz von Menschen in unserem Land und stellen einen Angriff auf das Grundgesetz dar.
Wir stehen für eine offene Gesellschaft und verurteilen jede Form von Hass und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Für uns ist gesellschaftliche Vielfalt – nicht nur in künstlerischer und musikalischer Hinsicht – eine enorme Bereicherung für alle Menschen in Deutschland, Europa und auf dieser Welt, die es mit aller Kraft zu schützen gilt.
Mit Blick auf unsere Mitglieder, Berechtigten und Mitarbeitenden, die ihre Wurzeln in der ganzen Welt haben, sprechen wir uns gegen Rassismus und Ausgrenzung aus.”
Kampagnen-Aufruf von Die Vielen. Kultureinrichtungen und Aktive der Kunst und Kultur haben sich regional oder stadtweit in Erklärungen zusammengeschlossen und zu einem länderübergreifenden Netzwerk verbunden. Die Erklärungen der VIELEN formulieren eine klare Haltung gegenüber gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Angriffen auf die Kunstfreiheit.
DIE VIELEN laden Ensembles, Gewerke, Kollektive und kuratorische Teams, Orchester, Stagehands, Publika, Kunstvereine, Opernhäuser, Lobbyverbände, Interessensvertretungen, Soziokulturelle Zentren und alle Vielen ein sich anzuschließen und zu agieren, damit Ausgrenzung, Verachtung und Hass nicht in die Regierungsverantwortung kommen. “NIE WIEDER dürfen die Theater, Opern und Orchester, Museen, Bibliotheken, Literatur- und Kulturhäuser oder Kinos ihre Arbeit in den Dienst von Anti-Demokrat:innen und Faschisten stellen. Es ist an der Zeit, uns gegen Menschenverachtung und die Zerstörung unserer demokratischen Kultur zu stellen – gerade jetzt werden wir uns gegen jede Form des Antisemitismus und des Rassismus einsetzen, wollen Menschenwürde, demokratische Werte sowie Veränderung leben und stärken.
Der Musikverlag Schott geht im Dezember nach 253 Jahren in privater Hand in den Besitz der Strecker-Stiftung über. Die Gesellschafter:innen des Verlags haben ihre Geschäftsanteile auf die von ihnen gegründete gemeinnützige Stiftung übertragen. Auf diese Weise wird die Unabhängigkeit des Musikverlags dauerhaft gesichert. Stiftung und Verlag bleiben weiterhin eigenständig aktiv. Die Strecker-Stiftung widmet sich der Förderung von Musik, insbesondere im Bereich der Kinder- und Erwachsenenbildung, der Förderung des künstlerischen und musikwissenschaftlichen Nachwuchses sowie zukünftig verstärkt der Unterstützung von musiktherapeutischen Projekten. Zu den langfristigen Aufgaben gehört das stiftungseigene Projekt “Singen ist klasse”. Es finanziert bereits seit drei Jahren Musikunterricht in Schulklassen, in denen kein regulärer Musikunterricht stattfindet, und wurde im Sommer 2023 mit dem Deutschen Kulturförderpreis ausgezeichnet. (Foto: Schott Music / Melanie Gomez)
Kahlschlag beim Kulturauftrag? Durch ein internes Schreiben von Mitarbeitern des Bayerischen Rundfunks in diesem Sommer, das schnell publik wurde, erfuhr die Öffentlichkeit, welche Veränderungen der Leitung des Bayerischen Rundfunks vorschweben, um den Hörfunk-Kulturkanal Bayern 2 umzugestalten. Seit dem Bekanntwerden dieses Vorhabens reißt die Welle der Proteste von Radiohörerinnen und -hörern, Kulturinteressierten, Gebührenzahlern gegen die sogenannten Reformpläne nicht ab. Nicht zuletzt Kulturschaffende – Filmemacher, Schriftsteller, das PEN Zentrum Deutschland, der PEN Berlin, Bildende Künstler, Verleger, Kulturveranstalter – zeigen und äußern sich empört über einen bisher nicht dagewesenen kulturellen Kahlschlag im Programm von Bayern 2. Auf Grund dieser drohenden Entwicklung haben zahlreiche Mitglieder der Bayerischen Akademie der Schönen Künste am 11. September 2023 eine Stellungnahme veröffentlicht, mit der sie energisch gegen den geplanten kulturellen Kahlschlag protestieren, den der Bayerische Rundfunk der Öffentlichkeit zumuten will, und die Verantwortlichen aufgefordert, die angekündigten Eingriffe in die Substanz der Berichterstattung zu unterlassen. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste möchte am Montag, 4. Dezember 2023, 19 Uhr die öffentliche Diskussion fortsetzen. An der Podiumsdiskussion zur geplanten Bayern-2-Programmreform nehmen teil:
Gert Heidenreich, Schriftsteller, Sprecher
Sanne Kurz, Bündnis 90/Die Grünen, Expertin für Kultur und Medien, BR-Rundfunkrätin
Enjott Schneider, Komponist
Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks
Cornelia Zetzsche, Journalistin, Literaturkritikerin, Autorin
Miriam Zeh, Literatur- und Kulturredakteurin bei Deutschlandfunk Kultur
Der Deutsche Musikrat, das Forum Musikwirtschaft, die GEMA und die GVL erklären ihre Solidarität mit den Menschen in Israel
Berlin, 13. Oktober 2023. Der Deutsche Musikrat und das Forum Musikwirtschaft schließen sich dem Aufruf des Deutschen Kulturrates zur Solidarität mit den Menschen in Israel an und zeigen sich entsetzt ob der Angriffe auf Zivilisten. Der Terrorangriff der Hamas und das Leid, das er über die Menschen gebracht hat, sind ohne Worte und ein neuer, schrecklicher Weckruf, dass Antisemitismus auch in unserer Gesellschaft keinen Platz haben darf. Wir stellen uns gegen antisemitisch motivierten Hass und unser Beileid ist bei den Opfern sowie deren Angehörigen, die bewusst als Zielpersonen des Terrors ausgewählt und aus dem Leben gerissen wurden. Die deutsche Musikbranche steht an der Seite der Jüdinnen und Juden gegen jede Form von Antisemitismus.
Vor einem Jahr konnte die Wiesbadener art.ist – Kooperative New Jazz e.V. ihr neues Domizil in der renovierten Walkmühle einziehen. Seitdem gibt es hier regelmäßig Konzerte improvisierter Musik – ein avanciertes Programm. Nun sieht die Haushaltsplanung der Landeshauptstadt Wiesbaden für den kommenden Doppelhaushalt 2024/25 drastische Einsparungen vor: Der Kultur- und der Sozialetat sollen um jeweils mehr als 20 Prozent gekürzt werden. Ausgehend vom aktuell benötigten und beantragten Budget geht es bei art.ist um Kürzungen von 30 Prozent und mehr, d. h. um Reduzierung des Programms um ein Drittel. Für manch einen anderen Kulturbetrieb in Wiesbaden bedeutet es das endgültige Aus. Für Proteste und Reaktionen bleibt nur wenig Zeit. Die Kooperative New Jazz e.V. Wiesbaden bittet um Unterstützung gegen die drohenden Kürzungen im Kulturetat. Die Petition gibt es hier: www.change.org/keine-Kuerzungen-im-Kulturhaushalt
Am 20. und 21. Oktober 2023 findet in Augsburg die Herbstakademie der Kulturpolitischen Akademie zum Thema Digitale Transformation im Kulturbereich statt. Die Digitalität durchdringt zunehmend und umfassend unsere Gesellschaft. Für eine umfassende und zugleich wertebasierte (digitale) Transformation des Kulturbereichs braucht dieser dringend ein Systemupdate und eine damit verbundene Neudefinition des künstlerisch-kulturellen Selbstverständnisses sowie eine Aktualisierung der vorhandenen kulturellen Infrastrukturen. Auf der Herbstakademie der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. sollen diese Effekte und Herausforderungen beleuchtet, anhand von Next Practice-Beispielen die Potenziale und Grenzen der digitalen Transformation im Kulturbereich herausgearbeitet sowie Erkenntnisse für den kulturpolitischen Diskurs abgeleitet werden. Die Teilnahme an der Herbstakademie ist kostenfrei.
Tabea Zimmermann (Foto: Marco Borggreve) ist neue Vorsitzende des Stiftungsrats der Ernst von Siemens Musikstiftung. Sie übernahm das Amt von Peter Ruzicka. Gewählt wurde die international renommierte Musikerin von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, die seit jeher den Stiftungsratsvorsitz der Ernst von Siemens Musikstiftung stellt. Zu ihrer neuen Rolle als Stiftungsratsvorsitzende sagt Tabea Zimmermann: „Dadurch, dass ich selbst den Musikpreis erhalten habe, habe ich erlebt, wie wundervoll diese Stiftung arbeitet, wie viel Wert darauf gelegt wird, die Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen. Daher ist es für mich nun eine Ehre und auch eine große Verantwortung, den Vorsitz des Stiftungsrats der Ernst von Siemens Musikstiftung zu übernehmen.“ Peter Ruzicka legt nach 23 Jahren zum Ende seines 75. Lebensjahres sein Amt nieder. Er war seit dem Jahr 2000 Mitglied des Kuratoriums und seit Dezember 2018 Vorsitzender des Stiftungsrats der Ernst von Siemens Musikstiftung.
Weil sie Laura Berman, die Intendantin der Staatsoper Hannover, antisemitisch und menschenverachtend beleidigt hat, muss eine 73-jährige Frau 1200 Euro Strafe zahlen. Ihren Widerspruch gegen den entsprechenden Strafbefehl zog sie zurück, sodass eine Verhandlung vor dem Amtsgericht Hannover abgesagt wurde. Per Kontaktformular hatte die Frau im November 2022 eine Hassmail an Intendantin Laura Berman geschickt, in der sie sich „abfällig über das Programm der Oper und die angeblich schlechte Qualität der Aufführungen geäußert und eine Verbindung zum jüdischen Glauben der Intendantin hergestellt“ habe, berichtet der Spiegel. Nach Ansicht des Gerichts griff die Mailschreiberin Laura Berman „aufgrund ihres jüdischen Glaubens in ihrer Menschenwürde an“ und äußerte sich hasserfüllt gegen alle Juden. Laura Berman bleibt noch bis 2025 an der Staatsoper Hannover, nach dann sechs Jahren als Intendantin will sie sich neuen Aufgaben zuwenden.
Der Dirigent Alberto Veronesi hat die Auftakt-Vorstellung von Puccinis La Bohème beim 69. Festival Puccini di Torre del Lago am 14. Juli 2023 in Viareggio mit verbundenen Augen geleitet. Er begründete seinen Affront damit, dass er die Inszenierung des französischen Regisseurs Christophe Gayral nicht sehen wolle. Gayral hatte die Handlung ins Paris des Jahres 1968 verlegt und La Bohème im Umfeld der Studentenproteste angesiedelt. Veronesi erntete Buhrufe, nach der Vorstellung beschimpften Zuschauer ihn als „Buffone“ und „Scelmo“ (Idiot und Trottel). Laut dem Portal OperaWire verurteilten die Veranstalter Veronesis Verhalten und warfen ihm Respektlosigkeit gegenüber dem Festival-Orchester und -Chor, den Solisten und allen anderen Mitwirkenden vor. Man behalte sich das Recht vor, den Dirigenten bei weiteren Vorstellungen nicht mehr einzusetzen. Veronesi hatte zuletzt im Februar bei Regionalwahlen in der Lombardei für die rechtsgerichtete Partei „Fratelli d’Italia“ kandidiert.
Mit dem Versuch, einen neuen Rektor in der Liszt-Akademie in Budapest zu installieren, ist die ungarische Regierung vorerst gescheitert (Stand: September 2023). Künstler, Dozenten und Akademisten protestieren gegen das Ansinnen des zuständigen Ministers János Csák, die Position mit dem Dirigenten András Keller zu besetzen. Presseberichten zufolge gibt es in der ungarischen Szene kein einziges professionelles Musikensemble, das sich nicht deutlich dagegen ausspricht, die noch bis Ende Oktober amtierende Akademie- Rektorin und Harfenistin Andrea Vigh durch einen Kandidaten des Ministeriums zu ersetzen. Die Empörung richtet sich auch gegen die enge Begrenzung der Stellenausschreibung: In der ersten Bewerbungsrunde durften sich nur Bühnenkünstler bewerben, hingegen waren Komponisten, Musikwissenschaftler und Musikvermittler ausgeschlossen.
In seinem Buch Das System Orbán. Die autoritäre Verwandlung Ungarns beschreibt György Dalos den in Ungarn mittlerweile auf allen Ebenen der Gesellschaft und Politik ausgetragener Kulturkampf. Die Gegner sind ein von Viktor Orbán immer autoritärer geführter, immer rücksichtsloser agierender Staat und eine immer schwächer werdende liberale Opposition. Die Machtverhältnisse sind so ungleich, die Entrechtung der innenpolitischen Gegner so skrupellos und effektiv, dass man kaum noch auf eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen und freiheitlichen Verhältnissen zu hoffen wagt.
Eine Förderung der Edition Zeitgenössische Musik (EZM), einem Projekt des Podium Gegenwart des Deutschen Musikrats, erhalten zukünftig die Komponistinnen und Komponisten Yongbom Lee (geb. 1987 in Seoul), Ole Hübner (geb. 1993 in Bremerhaven) und Dariya Maminova (geb. 1988 in Sankt Petersburg). 2022 hatten sich insgesamt 43 Musikerinnen und Musiker um die begehrte Förderung beworben. Die Edition Zeitgenössische Musik unterstützt jährlich bis zu vier junge Komponistinnen und Komponisten mit einer Porträt-CD und zusätzlich mit Porträt-Videos. Mit den in hoher Qualität produzierten Aufnahmen können sie ihr Schaffen etwa Agenturen sowie Veranstalterinnen und Veranstaltern eindrucksvoll präsentieren.
Tipps vom Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland (DAKU). Zusammenhalt und bürgerschaftliches Engagement sind aktuell wichtiger denn je. Der DAKU zeigt Möglichkeiten auf, wie sich das Engagement auf digitalem Weg weiterführen und stärken lässt. Treffen, Versammlungen, Besprechungen sind im Vereinsleben unentbehrlich. Nicht nur in Krisenzeiten können Telefon- und Videokonferenzen hier überaus hilfreich sein. Ohne viel Aufwand ermöglichen sie, mit Kolleg*innen, Mitgliedern und Partnern zu kommunizieren. Programme, die schnell anwendbar und kostenlos sind: Zoom, Jitsi Mee, Slack oder FreeTelco. Hinweise zur Anwendung und zum Datenschutz sind auf der Website Digitaler Werkzeugkasten für Kulturfördervereine zu finden.
Die Freiheit der Kunst. – Gerhart Baum, Bundesinnenminister a.D., äußert sich in den Kulturpolitische Mitteilungen Nr. 167 zu den Gefahren eines Kulturkampfes von rechts “Die Situation zwingt uns heute, die Freiheit der Kunst zum Thema zu machen. Es hat sich etwas verändert. Angriffe auf die Kunstfreiheit gab es immer. Heute aber erleben wir einen ‘Kulturkampf von rechts’. Es ist eine neue Dimension, wie ich sie in der ganzen Geschichte der Bundesrepublik nie zuvor erlebt habe – eingebettet in ein erschreckendes Erstarken des Rechtsextremismus …”
UN-Klimagipfel in Madrid im Dezember 2019. “Wir wissen, dass die Ursachen der drohenden Klimakatastrophe nicht zuletzt in dem zu hohen Ressourcenverbrauch liegen und dass der Motor dafür die konsumgetriebene kapitalistische Wirtschaftsweise ist. Und wir wissen auch, dass Konsum als Lebensstil nicht zuletzt kulturell geprägt ist. Die mit Milliardenaufwand betriebene Dauerbewerbung erzeugt ein Berechtigungsbewusstsein, sich alle zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Bereicherung des eigenen Lebensstils aneignen und vernutzen zu dürfen. Dieses kulturelle Muster muss in Frage gestellt werden. Notwendig ist nichts weniger als grundlegende Veränderung unseres Bewusstseins, um die Voraussetzungen für ein Umsteuern zu schaffen, das von den Klimaforschern gefordert wird”, so der Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft Dr. Tobias J. Knoblich in seiner Erklärung Die Zukunft der Kultur muss nachhaltig sein vom 20. November 2019.
Musik machen – Haltung zeigen – damit ist der 5. Berliner Appell überschrieben, den die Mitgliederversammlung des Deutschen Musikrats (DMR) Ende Oktober 2019 verabschiedet hat. Damit bekennen sich die Mitglieder des DMR dazu, sich gegen jegliche Form des Rassismus und Antisemitismus zu engagieren, und fordern den Schutz der Werte und Normen des Grundgesetzes. Es ist das erste Mal, dass sich der DMR als zivilgesellschaftlicher Dachverband des Musiklebens mit einem Berliner Appell zu aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen äußert. Die bei der Mitgliederversammlung aus aktuellem Anlass verabschiedete Resolution Jüdisches Leben schützen ist die erste Konkretisierung der Kernbotschaften dieses Appells.
Carena Schlewitt (Foto: Stephan Floss), Intendantin von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste, erhält den mit 10.000 Euro dotierten Künstlerinnenpreis Nordrhein-Westfalen. Ihr Werdegang, ihre künstlerische Arbeit und impulsgebende Ausstrahlung verkörpern, so die Jury, in herausragender Weise die ganze Breite des heutigen Berufsbildes Dramaturgie. Schlewitt hat früh auch auf internationale Kooperationen und interdisziplinäre Projekte gesetzt und die Neugründung von Institutionen mit ausgeprägtem Gespür für gesellschaftliche Prozesse gestaltet. Darüber hinaus agiert sie mit großem Geschick als Vermittlerin zwischen Kunst und Publikum, Kulturbetrieb und Politik. – Mit dem Künstlerinnenpreis zeichnet das Land seit 1996 herausragende künstlerische Leistungen von Frauen aus. Ziel ist es, die öffentliche Präsenz von Künstlerinnen in den unterschiedlichen Sparten zu stärken. Das Juryverfahren sowie die Preisverleihung werden vom Frauenkulturbüro Nordrhein-Westfalen organisiert und durchgeführt.
Keine andere Einrichtung erreicht so viele junge Menschen wie die Schule. Das Projekt Kulturstrolche des Kultursekretariats NRW Gütersloh und des NRW KULTURsekretariats (Wuppertal) setzt seit über zehn Jahren genau hier an: Es schafft ein starkes Netzwerk aus Grundschulen, Kultureinrichtungen und lokalen Künstler*innen, um den teilnehmenden Kindern früh Zugang zu den verschiedenen Kunstsparten zu ermöglichen. Im letzten Jahr wurde das Projekt grundlegend überarbeitet und ging zum neuen Schuljahr 2019/2020 mit neuem Konzept und aktualisiertem Erscheinungsbild an den Start. 47 Städte aus ganz NRW mit 900 Klassen und zehntausenden Grundschüler*innen sind dabei.
Am 26. März 2019 hat das Europäische Parlament mehrheitlich für die EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt abgestimmt. 348 Abgeordnete stimmten dafür, 274 dagegen, 38 enthielten sich. Der Abstimmung waren mehrjährige Verhandlungen der beteiligten Akteure vorausgegangen. Ziel der neuen Richtlinie ist es, die illegale Nutzung kreativer Werke wirksam einzudämmen und damit die faire Vergütung ihrer Urheberrinnen und Urheber zu gewährleisten. Vor allem die Regelungen von Artikel 13 sind umstritten. Hiermit sollen Plattformen dazu verpflichtet werden zu prüfen, ob das Hochladen der jeweiligen Inhalte gegen Urheberrechte verstößt. Final ist die neue EU-Richtlinie erst dann beschlossen, wenn auch der Europäische Rat zugestimmt hat – dies gilt jedoch als Formsache. Die Abstimmung der EU-Mitgliedsstaaten wird möglicherweise am 9. April stattfinden.
Über 50 Kulturinstitutionen und Kulturschaffende aus Oldenburg und der Region Nordwest haben am Mittwoch als Erstunterzeichnende die Region Nordwest – Erklärung der Vielen unterschrieben. Damit schließen sie sich der bundesweiten Initiative „Die Vielen“ an, die im Juni 2017 als Zusammenschluss von Künstler*innen und Kulturschaffenden gegründet wurde. Ziel der „Region Nordwest – Erklärung der Vielen“ ist, sich mit Akteur*innen der Kulturlandschaft – Personen und Institutionen – zu solidarisieren, die von rechtspopulistischen Positionen attackiert oder in Frage gestellt werden. Mit der Erklärung geht auch die Selbstverpflichtung einher, mit Diskussionen, Veranstaltungen und Aktionen aktiv für Demokratie und die Freiheit der Kunst einzutreten. Die Erstunterzeichnenden laden Künstler*innen und Kulturschaffende sowie Kulturinstitutionen der Region ein, sich der „Region Nordwest – Erklärung der Vielen“ als Unterzeichnende anzuschließen.
Das Thema „Heimat“ ist derzeit in aller Munde. Auch die Politik und namentlich die Kulturpolitik haben es für sich entdeckt. Die Wahrnehmungen und Erwartungen der Akteure sind unterschiedlich: Die einen sehen darin eine rechtspopulistische Indienstnahme, andere erkennen darin eher Optionen, Menschen in ihren lokalen Lebenszusammenhängen anzusprechen. Darüber tobt ein Diskurs, der sich zwischen den Lagern der Kosmopoliten und Kommunitaristen abspielt. Der 10. Kulturpolitische Bundeskongress KULTUR.MACHT.HEIMAT am 27. und 28. Juni 2019 in Berlin begibt sich in dieses ideologisch besetzte Feld und sucht nach Erklärungen und brauchbaren Konzepten. Ende Februar wird das Programm veröffentlicht. Anmeldung ab März 2019 auf www.kupoge.de
Als erstes deutsches Landesparlament hat der Landtag in Potsdam Ende des letzten Jahres beschlossen, die von der Deutschen Orchestervereinigung e.V. vorgeschlagenen Mindeststandards für die Honorierung von freien Musikerinnen, Musikern sowie Vokalsolistinnen und Vokalsolisten verbindlich einzuführen. Damit soll zukünftig gewährleistet werden, dass freischaffende Kreative adäquat für ihre Leistungen entlohnt werden. Der Deutsche Musikrat begrüßt den Beschluss des Landtages. Dem Beschluss liegt der Antrag „Für die Zukunft der Musik in Brandenburg: Auskömmliche Löhne für freie Musiker und Vokalsolisten“ von Ulrike Liedtke, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Vizepräsidentin des Deutschen Musikrats, zugrunde. Er wurde nach intensiven Diskussionen der vier Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gefasst. Ab 2020 gelten die Honorarmindeststandards für vom Land geförderte Projekte, ab 2021 sollen auch die institutionell geförderten Orchester zur Einhaltung des Mindeststandards beim Engagement von Aushilfen verpflichtet werden.
Die Kulturpolitik in Zeiten der Globalisierung steht im Fokus des Jahrbuchs für Kulturpolitik 2017/18. Die Annahme einer nach außen geschlossenen und nach innen auch ethnisch weitgehend homogenen westlichen Kultur hat sich offensichtlich überholt, auch weil Gesellschaften heute in aller Regel Ein- und Auswanderungsgesellschaften sind. In den Debatten um zukünftige kulturpolitische Aufgaben spielen Begriffe wie Identität und Identitätspolitik, (Post-)Kolonialismus, der Umgang mit Grenzen und Fragen der Grenzregime ebenso eine Rolle wie das Verhältnis oder die Mischung von lokalen und globalen Kulturen (Glocalisation). Das Verhältnis von herkömmlicher Identitätspolitik, kulturellem Erbe und der neuen Diversität bedarf dabei ebenso der Klärung wie die Rolle der Künstler oder die Inhalte der kulturellen Bildung und die Formen der Kulturvermittlung.
Am 1. Oktober 2018 hat Themis, die Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt, ihre Arbeit aufgenommen. Die neu geschaffene überbetriebliche Vertrauensstelle bietet Beschäftigten aus der Film-, Fernseh- und Theaterbranche, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit sexuelle Belästigung und Gewalt erfahren haben, einen geschützten Raum, in dem sie sich einer Juristin und einer Psychologin anvertrauen können. Sie berät Betroffene, vermittelt zwischen belästigter Person und Arbeitgeber und setzt sich für Prävention und Aufklärung in den Branchen Film, Fernsehen, Theater und Orchester ein.
Bundesweit engagieren sich Vereine, Privatpersonen und öffentliche Institutionen des Musiklebens in einer Vielzahl nachhaltiger Integrationsprojekte. Sie nutzen dabei die spezifischen Möglichkeiten der Musik. Das Informationsportal Musik und Integration des Musikinformationszentrum (MIZ) des Deutschen Musikrats bündelt das Angebot an Projekten und Initativen und bietet den Akteuren der Szene Möglichkeiten zum Austausch.