Musgrave, Thea

Chamber works for oboe

Verlag/Label: harmonia mundi HMU 907568
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/06 , Seite 83

Musikalische Wertung: 2
Technische Wertung: 4
Booklet: 3

Die Musik der 1928 geborenen schottisch-amerikanischen Komponistin Thea Musgrave, ausgebildet in Edinburgh und bei Nadia Boulanger in Paris, ist im britisch-amerikanischen Raum recht verbreitet. Der Oboist Nicholas Daniel, Gründer der Britten Sinfonia und Professor an der Musikhochschule in Trossingen, spielte für harmonia mundi nun Musgraves Kammermusikwerke für Oboe ein.
Liest man zuerst das umfangreiche Book­let, in dem Thea Musgrave selbst in ihre Werke einführt, erlebt man beim Hören eine Enttäuschung – zu oft hebt der Text eine dramatische und theatralische Qualität der Stücke hervor, die man beim Hören kaum nachvollziehen kann. Musgraves stark tonal empfundene Musiksprache, die in fast allen Stücken Linearität bevorzugt, erzeugt kaum einmal einen Moment des Staunens, Innehaltens oder der Überraschung, was oft daran liegt, dass Gefühlshaltungen oder Zustände, die die Komponistin in ihrer Musik beschreibt, einen bestimmten Kanon des Ausdrucks nicht überschreiten. So gerät der Nachvollzug der Night Windows, einer Cantilena oder des Duo-Stücks Take Two Oboes entspannt – die Haltung bleibt stets undramatisch, fast musikantisch und in den Emotionen freundlich-distanziert. Trotzdem erfreut man sich an dem Engagement der Protagonisten dieser CD und dem wandlungsfähigen Ton der Oboe von Nicholas Daniels. Für Liebhaber des Instruments dürfte die CD eine Bereicherung darstellen. Wer zeitgenössische Herausforderungen sucht, ist hier weniger beraten.

Alexander Keuk