Anna Schürmer

Der alte Fritz und die Bombe

Zur Aktualität von Friedrich Schenkers «Missa Nigra» (1979/2017)

erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2017/02 , Seite 52
Friedrich Schenker schrieb sein «Kammerspiel II» Missa Nigra 1978 in Hörweite zeitgenössischer Bedrohungen: Der Kalte Krieg und insbesondere die Neutronenbombe ließen den aus Leipzig stammenden Komponistien und Posaunisten «Musik zum pazifisti- schen Gebrauch» schreiben; friedvoll sind die Klänge seiner schwarzen Messe allerdings kein bisschen. Der radikalpazifistische Komponist nutzte vielmehr die Möglichkeiten aggressiver Tongebung, schärfste Kontrastmöglichkeiten und die tragikomische Übertragung von Absurdem, um ins Spiel zu setzen, was auf dem Spiel steht: In seinem alptraumhaften Happening setzt Schen- ker die unmenschlichen Perversionen des menschlichen Denkens in neun Teilen als Warnruf vor den Gefahren anthropogener Bedrohung in Szene. Die Missa Nigra reicht in vieler Hinsicht über die Zeit und das Umfeld ihrer Entstehung hinaus und erfährt beim «Forum neuer Musik» des Deutschlandfunks am 7. April 2017 in Köln ihre aktualisierte Auferstehung.