Laurušas, Vytautas

Discorsi

Verlag/Label: Hänssler Classic PH 9064
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2010/03 , Seite 83

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 4
Repertoirewert: 4
Booklet: 3
Gesamtwertung: 4

Wäre der litauische Meistercellist David Geringas seinem älteren Landsmann, dem Komponisten und ehemaligen Opernchef Vytautas Laurušas, nicht in inniger Freundschaft zugetan – der westlichen Musikwelt wäre sein Name womöglich entgangen. Discorsi ist ein Dokument künstlerischer Bruderschaft, wie sie sich nur in Glücksfällen ereignet. Allerdings ist Laurušas, den Geringas in einen wahren Schaffensrausch versetzte, beileibe nicht der erste Komponist, den die Seele seines Cellospiels inspirierte. So huldigte ihm sein Landsmann Anatolijus Šenderovas zum 60. Geburtstag mit David’s Song for Cello and String Quartet.
In den Werken, die der neuen Künstlerfreundschaft entspringen, verbindet sich der Solist mit unterschiedlichsten Spielpartnern. In den Discorsi concitati (2003) führt das Solocello, indem es sein Farben- und Charakterspektrum virtuos zur Geltung bringt, aufgeregte Unterhaltungen mit einem Sinfonieorchester. Doch gibt es auch «Wortwechsel» zwischen Orchestergruppen und Einzelstimmen und natürlich ausgreifende Cello-Monologe. Im Concerto da camera (2007) wett­eifert das Solocello, was selten genug vorkommt, mit einem Ensemble seinesgleichen. In den Madrigale strumentale (2009) erfreuen sich Klarinette, Violoncello und Klavier mitschöpferischer Freiheiten. Am aufregendsten die Dialogszenen Concento di corde (2005), die Lehrer und Meisterschüler Vytautas Sondeckis in spielerischer Eintracht abhandeln. Dass Virtuose von virtus kommt und ein ganzes «Tugendspektrum» meint: hier wird’s Ereignis.

Lutz Lesle