Dusapin, Pascal

Études pour Piano

CD im Fotobuch: Fotos von Pascal Dusapin, Texte von Michel Onfray

Verlag/Label: Musicales Actes Sud, ASM 08
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/03 , Seite 87

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 5
Booklet: 5

Pascal Dusapin nennt Edgard Varèse und Iannis Xenakis als seine geistigen Väter. Zuallererst bewundert er deren bedingungslos konstruktivistische Komposition. Der 1955 geborene französische Komponist indes geht nicht den Weg der kontrollierten Sprengung von Klängen, bewegt sich nicht in Klangwelten mit maximalen dynamischen Werten. Dusapin kultiviert seinen Kon­struktivismus mit mikroskopisch feinem Besteck. Und er überlässt sein Komponistenohr gerne der Führung durch die visuellen Künste und umgekehrt.
Wenn man so will, sind Dusapins Études pour Piano, die er hier zusammen mit Schwarz-weiß-Fotos vorlegt, auf höchst eigenwillige Art eine Neuauflage impressionistischer Klangideale, wenngleich unter veränderten Vorzeichen. Die sieben Etüden, ebenso wie jene Debussys schlicht durchnummeriert, feiern nicht die Klangfarbe als kompositorisches Grundelement. Dusapins Etüden sind viel eher, so wie auch seine Schwarz-weiß-Fotografien – aufgenommen in Paris, London, Straßburg, New York, Tokio oder Berlin –, Skulpturen, grafisch kantig, mit wenigen poetischen Einsprengseln, von herber Schönheit in ihrer formalen Reduziertheit. Vanessa Wagner spielt all das mit einer Prise Satie’scher Ironie, aber nur mit einer Prise. Es wäre ja auch sonst zu viel des ironischen Aromas für Dusapins Schwarz-grau-weiß-Impressionismus.

Annette Eckerle