Tobias Schick

Farbenreiche Wandlungen

Zur Musik von Rebecca Saunders

erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2/2019 , Seite 34

Ein strahlend heller hoher Ton einer einzelnen Trompete, sacht aufgeraut durch eine beinahe unmerk­liche Flatterzunge, setzt leise ein, wird allmählich lauter, zieht sich wieder zurück und crescendiert noch einmal. Nun beginnt der Klang durch ein sich vergrößerndes Wah-Wah-Vibrato in seiner Tonhöhe zu schwanken und weicht schließlich auf eine benachbarte Nebennote aus. Ein weiteres Mal beginnt die Trompete beim g’’, um nun schon nach kurzer Zeit diesen Zentralton nicht mehr vorsichtig zu umspielen, sondern den engen, aber feinen Klangraum durch virtuos ausgreifende Glissandi aufzusprengen. Doch so sehr diese den einzelnen Zentralton kontrastieren, so sind sie mit ihm zugleich organisch verbunden, gehen sie doch immer von ihm aus oder kehren wieder zu ihm zurück. Erst allmählich setzt auch das Orchester ein und verleiht der Erschließung des Klangraums durch die Solotrompete Tiefenschärfe, indem es ihre Attacken verstärkt, den Klang in der Tiefe erdet oder einen Resonanzraum bildet, wirken doch die fragilen Streicher- und Akkordeonklänge in höchster Lage wie langsam verblassende Spuren des kraftvoll leuchtenden Trompetenklangs.