For a Little Dancin’

Verlag/Label: Intakt Records, Intakt CD 172
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/03 , Seite 89

Musikalische Wertung: 4
Technische Wertung: 4
Repertoirewert: 4
Booklet: 4
Gesamtwertung: 4

Der Amerikaner Oliver Lake gilt als einer der Saxofonkolosse der aktuellen Jazzszene. Der 69-Jährige ist Mitglied im «World Saxophone Quartet» sowie im «Trio 3» und hat mit eigenen Formationen seit vierzig Jahren einen Jazz umkreist, der das ganze Terrain zeitgenössischer Improviationsformen von Freejazz bis zum «Organ Trio» umfasst und dabei auch Einflüsse von Rock, Blues und Reggae verarbeitet.
Seine beiden Mitmusiker, Dieter Ulrich am Schlagzeug und Christian Weber am Kontrabass, sind eine Generation jünger als der Amerikaner und zählen zur Creme der Schweizer Szene. Sie haben Lake erst vor ein paar Jahren kennen gelernt, weshalb die Interaktion zwischen den dreien spannungsgeladen, dynamisch und voller Energie ist. Die Musiker platzieren genügend Widerhaken, um nicht in den Leerlauf hohler Virtuosität und abgespulter Soli zu geraten. Überroutiniert klingt hier nichts! Obwohl Lake als Altsaxofonist oft führt, begegnen sich alle auf Augenhöhe. Wer meint, hier spiele ein internationaler Solist mit einer regionalen Rhythmusgruppe, der muss sich korrigieren: die drei spielen gruppenorientiert und agieren als einheitlicher pulsierender Organismus.
Lake verfügt über einen leuchtenden, bluesgetränkten Altsaxofon-Ton, der mit Druck herausgeschleudert wird und unter dessen Oberfläche eine unruhige Energie brodelt, die an Ornette Coleman erinnert. Mit den beiden Schweizern ist dem Modernjazz-Veteranen aus den USA eine Produktion gelungen, die zu den besten seiner Laufbahn zählt.  Christoph Wagner