Contet, Pascal / Wu Wei

Iceberg

Verlag/Label: Signature SIG 11056
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2010/03 , Seite 82

Musikalische Wertung: 4
Technische Wertung: 4
Repertoirewert: 4
Booklet: 2
Gesamtwertung: 4

Musikalische Brückenschläge zwischen Europa und Asien sind in weltmusikalisch gestimmten Zeiten auch in der neuen Musik schon seit längerem en vogue. Selten findet das jedoch in einer Weise statt, die beide Seiten jenseits touristischer Exkurse zu einem wirklich eigenständigen Ganzen zusammenführt. Pascal Contet (Akkordeon) und Wu Wei (Sheng) gelingt das schon seit 2003 mit Duo-Performances im Spannungsfeld von Improvisation und Komposition.
Akkordeon und Sho/Sheng bereichern inzwischen regelmäßig das Instrumentarium zeitgenössischer Komposition, nun finden sich die Klangpotenziale beider Instrumente zu einem Amalgam verschmolzen, das eine Differenzierung der Quellen teilweise unmöglich macht. Man muss dieser Produktion wirklich zugutehalten, dass sie – ungeachtet der üblichen Esoterik-Klischees, die das Booklet bedient – die chinesische Mundorgel einmal nicht auf ihre sphärisch-kontemplative Funktion reduziert und damit geläufige Stereotypen asiatischer Musik bemüht. Stattdessen ist das, was auf Iceberg passiert, eine sehr vielfältige und intensive Interaktion zweier Musiker, die zu beeindruckenden Verdichtungen und Steigerungen fähig ist (blocky im Mehrspurverfahren), rastlose Mobiles produziert (pinnacled 1 & 2), burleske Theatralik entwickelt (bergy bit, a song of ice) oder harmonisch irisierende Klangströme in Gang setzt (barrière d’Amery, wedellsee, icebreaker).

Dirk Wieschollek