Introducing Haydn

Sinfonie Nr. 94

Verlag/Label: EuroArts 2056058
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/04 , Seite 85

Die DVD eignet sich vorzüglich zur musikalischen Wissensvermittlung, und audio­visuelle Werk- oder Komponistenporträts können gedruckte Konzertführer sinnvoll ergänzen. In diese Richtung zielen auch die Werkmonografien, die Paul Smaczny für EuroArts unter dem Reihentitel «Introducing» produziert hat. Sie sind Standardwerken des Konzertrepertoires gewidmet und richten sich an ein breites Publikum. Jede DVD enthält eine halbstündige Einführung, gefolgt von einer Konzertaufzeichnung des Werks. Führende Sinfonieorchester musizieren unter der Leitung von Mariss Jansons, Pierre Boulez und Claudio Abbado. Die englisch gesprochenen, mit Untertiteln versehenen Einführungen behandeln auf allgemein verständliche Weise Entstehungsgeschichte, Form und Inhalt der Werke sowie biografische Hintergründe. Bei der Symphonie fantastique von Berlioz und bei Haydns Sinfonie Nr. 94 «mit dem Paukenschlag» wird der Text durch aussagekräftige Zeitdokumente aus Paris, London und Wien sowie kurze Konzertausschnitte illustriert. Die Musikaufnahmen entstanden 2001 an einem merkwürdigen Ort: Es sind Mitschnitte von Gastkonzerten der Berliner Philharmoniker in der zum Konzertsaal umfunktionierten christlichen Basilika der Hagia Eirene in
Istanbul.
Ziemlich angestaubt wirken die im Konzertführerstil verfassten, aus dem Off gelesenen Kommentare, die den roten Faden für die Dokumentationen bilden; unter ihnen läuft die Musik als Hintergrundfarbe zumeist weiter. Die Bücherweisheiten verströmen Bibliotheksatmosphäre und wirken als anonymisierte Verabreichung von Fachwissen in einem Film kontraproduktiv. Für eine persönliche Farbe sorgt immerhin jeweils ein Musikwissenschaftler, der vor der Kamera die Details erläutert: Wulf Konold mit deutscher Seriosität bei Berlioz, Robert Levin mit britischer Eloquenz bei Haydn. Dem Vergleich mit der maßstabsetzenden DVD-Reihe «Keeping Score» mit dem San Francisco Symphony Orchestra und den mitreißend formulierten Kommentaren von Michael Tilson Thomas können diese Werkporträts nicht im Entferntesten standhalten. Doch um einem mit Klassik noch wenig vertrauten Publikum einen ersten Einblick in die Werke zu vermitteln, mögen sie ihren Zweck durchaus erfüllen.

Max Nyffeler