Oliveros, Pauline / Ione

IO and Her and The Trouble with Him

Verlag/Label: deep listening DL 41-2009
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2010/03 , Seite 83

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 5
Repertoirewert: 5
Booklet: 2
Gesamtwertung: 5

Die Tanzoper Io and Her and The Trouble with Him von Ione (Text und Regie) und Pauline Oliveros (Musik und Klangdesign) dringt tief in die ägyptische Geschichte ein. Als Multimediaprojekt angelegt, verbindet der Einakter Tanz und menschliche Stim­me, Maskerade und Videoprojektion. Io, eine Priesterin des Juno und Tochter von Iasus, von Jupiter in eine wei­ße Kuh verwandelt, von Argus, dem schrecklichen Monster, bewacht, in eine Dreifaltigkeit als Jungfrau, Mutter und Hexe eingebunden, findet von Bird unterstützt den Schlüssel zur Freiheit wieder – von Griechenland bis an die Ufer des Nils. Erst als Io in Khemet (alter Name für Ägypten) ankommt, versteht sie die Wahrheit ihrer mystischen Reise, die als Weg in die Zukunft eine überhöhte Bedeutung erhält. Schwebende Nymphen und ein elektronischer Sound, der Naturgeräuschen entspricht, zeigt sie in einer Mythenwelt, die als entrücktes Reich der Sinne durchaus Bestand hat. Die Oper enthält gesprochene Texte, Gesang, Live- und Konservenmusik und Videoeinspielungen realer Szenen. Oliveros’ Soundtrack ist ein Remix ihres Schaffens von 1966 bis heute und vereint die Perspektiven des Hörens und der visuellen Wahrnehmung. Ein feines Gespür für die Zwischentöne und der entspannte Umgang mit dem Ambientcharakter des Werks formen aus der mystischen Story ein poetisches Gemälde. In mehreren Schichten vollzieht sich die Wiedergeburt einer schnöde bestraften Frau, deren Geschichte eine feministische Seite enthält: Dem Schicksal kann entkommen werden.

Klaus Hübner