klangstaetten / stadtklaenge
«Zwischen Puff und Kloster». Internationale Klangkunst in Braunschweig, 9. Mai bis 28. Juni 2009
In der Chronik der Stadt Braunschweig ist gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Gründung des Allgemeinen Konsumvereins verzeichnet. Seinen Sitz nahm der Verein zwischen der damals entstehenden Verkehrs-, Banken- und Verwaltungsachse. Mittendrin in diesem Gebiet das alte Revier des ältesten Gewerbes der Welt und am anderen Ende, auf dem Hügel, das 1115 begründete Kloster. 1999 sollte sich im Lagerhaus des historischen Allgemeinen Konsumvereins unter eben diesem Namen der Kunstverein Braunschweig gründen.
Dieser Kunstverein, beheimatet in einem an Geschichte und Geschichten reichen Viertel, wagt sich auch ohne Scheu auf das Feld der auditiven Künste. Von Beginn an präsentierte man im Galerieraum neue Musik und Klanginstallationen. 2009, nach fast einem Jahrzehnt Erfahrung in diesem Metier, bat der Verein vom 9. Mai bis zum 28. Juni zum größten bis dahin kuratierten Klangprojekt, zu «klangstaetten / stadtklaenge Zwischen Puff und Kloster Internationale Klangkunst in Braunschweig». Der Allgemeine Konsumverein hatte sieben Künstler gebeten, Orte im Quartier zu bespielen. Die Arbeiten von Joanna Dudley, Katja Kölle, Sam Auinger und Hannes Strobl, Bernhard Gál, Edwin van der Heide, Georg Klein sowie Andreas Oldörp sollten das alte Geschäfts- und Wohnquartier mit all seinen Veränderungen, Blessuren und Schönheiten in einen begehbaren Kunstraum verwandeln.
Die vorliegende DVD gibt das nur begrenzt wieder, was wiederum in der Natur der Sache liegt. Die Installationen sind nachrichtlich abgefilmt worden, ergänzt durch seriös geführte Interviews mit den Künstlerinnen und Künstlern. Immerhin bleibt es dem Benutzer überlassen, in welcher Reihenfolge er den siebenteiligen Parcours mit Auge und Ohr durchwandert. Für den Rezipienten der DVD gehört die Arbeit Toms Song der Australierin Joanna Dudley zu den am intensivsten erfahrbaren Arbeiten. Dudley hat im Gebäude des Allgemeinen Konsumvereins eine Holzbox installiert, ähnlich dem Gartenhaus das dieser Tom als musikalisches Refugium nutzte. Zu hören ist darin der einzige Song, den der 96-Jährige noch erinnern konnte: Its June in January. Dudley lässt den Song mit allen technischen Nebengeräuschen in einer Endlosschleife von einem Plattenspielerorchester und einem Drehorgelorchester, angebracht an der Boxendecke spielen, und jongliert so mit dem seltsamen Ding namens «Erinnerung». Die Installationen, deren Orte für die gesamte Aktion titelgebend fungierten, also Sprich mit mir von Georg Klein, angesiedelt am Rande des Rotlichtviertels, sowie tamtam, in der Klosterkirche von Sam Auinger und Hannes Strobl eingerichtet, zeigen allerdings auch am deutlichsten die Grenzen des Mediums DVD. Als Katalog in Sachen Klanginstallation lässt sich die Produktion dennoch recht gut nutzen.
Annette Eckerle