Kunkel, Michael (Hg.)

Kosmoi – Peter Eötvös an der Hochschule für Musik der Musik-Akademie der Stadt Basel

Schriften, Gespräche, Dokumente

Verlag/Label: Pfau, Saarbrücken 2007
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2009/06 , Seite 89

Im Studienjahr 2005/2006 war der ungarische Komponist und Dirigent Peter Eötvös Gastprofessor an der Musikhochschule Basel und am Musikwissenschaftlichen Institut der Uni­versität Basel. Als Ergebnis dieser
Tätigkeit erschien der vorliegende Band, quasi eine Festschrift ohne runden Geburtstag, um die Persönlichkeit dieses Künstlers umfassend zu beleuchten.

Das Buch enthält eine Reihe von Gesprächen und Interviews aus teilweise schwer zugänglichen Quellen und zum Teil erstmals auf deutsch, sodann eine Gruppe von Beiträgen unter dem Titel «Kontexte» über das literarisch-musikalische Umfeld des Komponisten, mehrere Werkkom­men­tare und ein Gespräch am «runden Tisch» unter Leitung von Ulrich Mosch mit Peter Eötvös, Georg Fried­rich Haas, Roland Moser, Isabel Mundry und Mathias Spahlinger. Werkverzeichnis, Bibliografie und Diskografie runden den Band ab.
Da Eötvös ein auskunftsfreudiger Künstler ist, lesen sich die Gespräche sehr anregend. Aus den «Kontexten» sind Péter Lakis Bemerkungen zu ausgewählten Vertonungen des un­garischen Avantgarde-Autors Sándor Weöres zwischen Kodály, Ligeti und Eötvös ebenso lesenswert wie Simon Oberts subtile Beobachtungen an
Er­denklavier – Himmelklavier als Typus der Gedenkmusik, wobei Letztere unter einer Unzahl von Flüchtigkeitsfehlern etwas leiden («In seiner orchestrierten Fassung bildet diese Musik den Schlußabschnitt», statt rich­tig: «In ihrer orchestrierten Fassung …»; S. 160).
Von den Werkkommentaren seien Michael Kunkels Arbeit über das Klavierstück Kosmos ebenso hervorgehoben wie Ulrich Moschs Beitrag über «improvisierendes Komponieren» und Elisabeth Schwinds Überlegungen zur Dramaturgie der Oper Drei Schwestern. Dankenswerterweise hat man sich große Mühe bei der korrekten Schreibung ungarischer Namen gegeben, dennoch ist es offenbar gerade im deutschen Schrifttum unausrottbar, den Namen des Komponisten Endre Szervánszky falsch zu schreiben, näm­lich mit «-sky» statt richtig «-szky» (S. 193 zweimal). Michael Kunkel mokiert sich über die falsche Übersetzung «Klänge der Nacht» aus Bartóks Klavierzyklus Im Freien; sein Vorschlag «Nacht-Musik» (S. 209) ist aber ebensowenig zutreffend, richtig wäre «Musik der Nacht» – und das ist ein Unterschied …
Die Podiumsdiskussion, Trans­kription einer öffentlichen Veranstaltung, entpuppt sich als eine jener
vielen letztlich fruchtlosen Debatten über das Komponieren, das Musik­leben und das Publikum, bei der man am Ende genauso schlau ist wie vorher. Dass ein Komponist letztendlich in seinem Kämmerlein ganz auf sich gestellt ist und nur für sich selbst komponiert, jedenfalls zunächst, hat einzig Georg Friedrich Haas auf den Punkt gebracht (S. 296). Die kleinen Einwände mindern aber keineswegs den Wert dieser begrüßenswerten und nützlichen Publikation.

Hartmut Lück