Monteverdi, Claudio

L’Orfeo

Verlag/Label: Opus Arte BD 7080 D (1 Blu-ray)
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/03 , Seite 79

Bob Wilsons Coolness: «L’Orfeo» von Claudio Monteverdi

Die Live-Aufzeichnung von Claudio Monteverdis Orfeo aus der Mailänder Scala ist in ihrer hochgradigen Stilisierung ein «typischer Bob Wilson». Das abgezirkelte Bühnenbild, das die Zypressenreihen von Tizians Gemälde Venus mit dem Organisten zitiert, die formalisierten Bewegungsmuster der Darsteller, die präzisen, den Raum großzügig strukturierenden Lichtakzente – all das verrät in seiner Perfektion höchste Meisterschaft und kommt vor allem auch auf dem Bildschirm zu suggestiver Geltung. Die designerhaft-unterkühlte Schönheit der Bilder wirkt manchmal aber auch ein wenig steril. Wilsons Hang zum Manierismus steht der Musik jedoch nicht so fern, wie man im ersten Moment vermuten könnte. Die Zeichengenauigkeit seiner Bewegungssprache verträgt sich gut mit dem figurenreichen Gesangsstil von Monteverdis «recitar cantando», der ja auch einen manieristischen Zug besitzt. Das zeigt sich gerade auch in der vorliegenden Aufnahme, in der Rinaldo Alessandrini das Werk nach seiner eigenen kritischen Neuedition bei Bärenreiter dirigiert. Auf die Deklamation richtet Alessandrini besonderes Augenmerk, wobei er sich auf ein vorzügliches Sängerensemble verlassen kann. Georg Nigl, in alter Musik ebenso zu Hause wie bei Sciarrino und Eötvös, bleibt der anspruchsvollen Hauptrolle nichts schuldig. Mit Roberta Invernizzi als Euridice, Musica und Eco, Sara Mingardo als Speranza und Messaggera sowie Raffaella Milanesi als Proserpina sind auch die weiblichen Rollen hervorragend besetzt.

Max Nyffeler