Reese, Kirsten
Medien Klang Konstellationen / Media Sound Constellations
hg. von Julia Gerlach englisch/deutsch, mit Audio-CD
Kirsten Reese hat Flöte, elektronische Musik und Komposition studiert, außerdem schreibt sie Radiosendungen und Features; sie hat an der Hamburger Musikhochschule zur zeitgenössischen Musik, Gender und neuen Medien geforscht und unterrichtet seit 2005 an der Berliner Universität der Künste intermediale Komposition und Landschaftsklangkunst. Jetzt hat die vielseitige Künstlerin einen schön gestalteten, reich bebilderten Katalog in Englisch und Deutsch vorgelegt, der einen Überblick über ihre künstlerische Arbeit liefert und neben einer ausführlichen Dokumentation mit Erläuterungen von Reese selbst eine CD mit Aus- und Mitschnitten von den Audioparts verschiedener Installationen und Performances enthält.
Im Textteil finden sich ein Gespräch zwischen Kirsten Reese und der Herausgeberin Julia Gerlach sowie ein Essay von Marion Saxer: Beide vermitteln einen guten Einblick in die Denk- und Arbeitsweise der Künstlerin. Medien Klang Konstellationen, so der Titel des Bandes, verweist auf den zentralen Aspekt in Reeses Werk: Die Kombination unterschiedlichster Medien und Techniken stellt für die Künstlerin eine Selbstverständlichkeit dar; häufig bezieht sie einfache, gefundene Objekte mit ein. Klangkunst, elektronische Musik, Improvisation oder Performance, die erst im späten 20. Jahrhunderts als eigenständige künstlerische Formen Anerkennung fanden, gehören für Reese zu den selbstverständlichen Möglichkeiten künstlerischen Arbeitens. Für jede Arbeit entwickelt sie ein eigenes mediales Setting. Dabei nutzt sie die heute selbstverständliche Verfügbarkeit aller Arten von Speichern und Archiven ebenso wie die Möglichkeiten, beliebiges Audio- wie Videomaterial in Echtzeit zu modifizieren und das Geschehen vor Ort mit gespeichertem Material zu kombinieren. Immer wieder nutzt Reese die Auseinandersetzung mit der spezifischen Logik der einzelnen Medien und Geräte dafür, das Publikum zur Reflexion der eigenen Wahrnehmungsmuster und -gewohnheiten zu bewegen.
«Ausgehend von dem, was da ist» so entstehen, sagt Kirsten Reese, die Ideen für ihre Arbeiten. Viele ihrer Installationen sind Erkundungen der Orte, Räume und Situationen, in denen sie eine Installation präsentiert. In den intensiven und geduldigen Recherchen am Beginn jedes Produktionsprozesses zeigt sich die Nähe ihrer künstlerischen zu wissenschaftlichen Strategien. Das wissenschaftliche Arbeiten kennt die 1968 geborene, heute in Berlin lebende Künstlerin aus eigener Erfahrung und sie weiß, wie sie es für ihre Kunst produktiv machen kann. Kirsten Reeses Arbeitsweise zeichnet sich besonders durch die Vielseitigkeit ihrer Medienverwendung aus. Auffällig ist zudem die Gelassenheit gegenüber medienspezifischen Effekten, die die Souveränität der künstlerischen Gestaltung zwangsläufig einschränken. Reese erzielt diesen Effekt in ihren Performances und Installationen häufig ganz bewusst, etwa wenn sie in inyib die Auswahl des Klangmaterials den Musikern überlässt oder wenn die Besucher der Installation lullabies mit einer Webcam die Parameter des synthetisierten Klanggeschehens modifizieren können.
Sabine Sanio