Kupkovic, Ladislav

String Quartets

Verlag/Label: Diskant DK 0112-2 131
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2009/06 , Seite 85

Musikalische Wertung: 4
Technische Wertung: 4
Repertoirewert: 1
Booklet: 2
Gesamtwertung: 3

 

Wer den slowakischen Komponisten als «jungen Wilden» kannte, der die Avantgarde-Szene mit «offenen» Kon­zertformen, «macrocompositions» und spektakulären Wandelkonzerten aufmischte, den wandelte schon damals ein leises Befremden an. Was war von einem Aktionskünstler zu halten, der sich mangels eigener Tonsprache filternd, verfremdend und «analytisch illuminierend» an Bach, Mozart, Beethoven, Brahms, Offenbach, Elgar, Sarasate … hielt?
Inzwischen sind dem Renegaten der Dur-Moll-tonale Tonsatz und die Kunst der Stil-Imitation derart in Fleisch und Blut übergegangen, dass seine jüngsten Eingebungen für Streich­quartett – Initialen, zwölf kurze Suitensätze (1992), Streichquartett Nr. 7 in B-Dur (2002), Quintett für Akkordeon und Streichquartett (2005) – wie Lehrstücke in modo classico anmuten. Das Dutzend Initials for String Quartet zum Beispiel klingt wie eine tönende Stilkunde und Formenlehre für Musikschüler, die das Prinzipielle eines bestimmten Suiten- oder Sonatensatz-Typs, eines Hoquetus der Renaissance oder eines böhmischen Furiant aufnehmen sollen, bevor der Lehrer sie an Originalliteratur heranlässt. Wobei man sich fragt: Cui bono? Klar: Jeder braucht Musik. Aber braucht jemand Musik, die es schon (besser) gibt? Da mag das Moyzes Quartet aus Pressburg noch so göttlich streichen. Die vier Herren und ihr famoser Gast am Akkordeon steigern nur die Sehnsucht nach den O-Tönen, von denen Kupkovic zehrt.

Lutz Lesle