Drees, Stefan

Unter den Worten

Sarah Nemtsovs Komposition «Hoqueti»

erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/06 , Seite 54

Stefan Drees setzt das bei den diesjährigen Musiktagen in Donaueschingen uraufgeführte Werk Hoqueti der Berliner Komponistin Sarah Nemtsov in Bezug zum Phänomen des Träumens. Die Traum-Thematik ergibt sich zum einen aufgrund der verwendeten Texte, bei denen es sich um Traumaufzeichnungen handelt, die den Schriften Walter Benjamins, den Buckower Elegien Bertolt Brechts und den Traumprotokollen Theodor W. Adornos entnommen sind – Fragmente unterschiedlichen Charakters, deren manchmal poetische, manchmal sachliche Schilderungen etwas von der changierenden emotionalen Wirkung des Traumerlebens zwischen den Empfindungen Euphorie, Staunen und Albdruck vermitteln.

Dass die Komponistin den Hoqueti in formaler Hinsicht ein sogenanntes «Hypnogramm», ein «Diagramm nächtlicher Schlaf­phasen», zugrundelegt und darüber hinaus die «musikalische[n] Übertragungen verschiedener Schlafstörungen» als Mittel der Strukturierung nutzt, ermöglicht ihr zudem einen Rückgriff auf organisatorische Prinzipien, die unmittelbar mit der Natur von Schlaf- und Traumphänomenen verknüpft und damit auch eng mit dem Thema des Werks verbunden sind.