Ruedi Häusermann

Wetterminiaturen für vier wohlpräparierte Einhandklaviere «Garantiert kein Schwindel»

Verlag/Label: col legno WWE 1CD 20402
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/06 , Seite 83

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 5
Repertoirewert: 5
Booklet: 5
Gesamtwertung: 5

Wann beginnt eine Miniatur, wann hört sie auf eine zu sein? Die Frage ist nicht in Minuten oder Sekunden zu beantworten, sondern primär durch den musikalischen Charakter. Zweifelsohne hat der Schweizer Ruedi Häusermann in seinen 13 Stückchen jenen Ton getroffen, der eine Miniatur ausmacht. Entstanden sind ebenso verschiedene wie komprimierte Stimmungsbilder, geprägt von unverkennbarem Jazz-Kolorit, von Leichtigkeit, Poesie und vor allem: von beeindruckender Klanglichkeit durch eine tatsächliche «Wohlpräparierung».
Für vier Einhandklaviere schrieb Häusermann seine Miniaturen ursprünglich für das am Berliner Hebbel-Theater aufgeführte Theaterprojekt «Gang zum Patentamt». Durch die Präparationen klingt es mal nach einem trockenen E-Bass, auf dessen groovenden Linien eine E-Gitarre zu improvisieren scheint. Ein anderes Mal – wie in der programmatischen Einläutung – nach hellen Glocken, die lange nachhallen, dann wieder nach einem Cembalo, in das sich ein Klavier durch die Modernisierung mit metallischen Gegenständen scheinbar verwandelte. Nicht nur durch den klanglich variablen Ablauf des insgesamt mehr als einstündigen Zyklus wird Wetterminiaturen zu einer sehr kurzweiligen Angelegenheit. Gänzlich unprätentiös gelingen Häusermann in bester augenzwinkernder Satie-Manier unaufdringliche Stückchen, deren Wert viele Unisoni oder Wiederholungen nicht schmälern.
Der Künstler weiß das wohl nennt der 1948 Geborene seine elfte Miniatur. Ein herbstlich bedeckter Tag kommt einem hier in den Sinn: Düster sind die Farben, nach etwa der Hälfte geht es von einem immer wieder holprig-stockenden Rhythmus über in ein wunderbar träges Lento, in dem die verschieden präparierten Instrumente autistisch vor sich her zu spielen scheinen. Mit dem folgenden Kurzer, aber sehr lustiger Ausklang kommt Häusermann zum Anfang zurück und beendet seine imposanten Wettermini­aturen, die das konzentrierte wie auch das beiläufige Hören gut vertragen. Letztlich bleibt – passend zum Herbst – nur ein kleiner Wermutstropfen: Häusermanns Arbeiten beruhen wesentlich auf einer Durchdringung seiner Musik mit dem Theater. Zu gern hätte man die Szene und die räumliche Konzeption nachvollzogen. Die technisch einwandfrei produzierte CD lässt beides naturgemäß nur andeutungsweise zu.

Torsten Möller