Wittener Tage für neue Kammermusik 2014 – Dokumentation live

Werke von Stefan Prins, Wolfgang Mitterer, Clara Iannotta, Franck Bedrossian, Tristan Murail, Michael Pelzel, Hans Abrahamsen, Wolfgang Rihm, Rebecca Saunders und Philippe Manoury

Verlag/Label: 2 CDs, WDR 3
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2015/04 , Seite 82

Musikalische Wertung: 4

Technische Wertung: 5

Booklet: 4

Wer den Jahrgang 2014 der Wittener Tage für neue Kammermusik besucht hat, der wird ihn in guter Erinnerung haben. Die vielen kleinen Geburtstagsstückchen für das sein vierzigjähriges Jubiläum feiernde Arditti Quartet waren etwas zu viel des Gu­ten. Doch ansonsten herrschte Kurzweil. Gelungen war das «Scelsi-Projekt», eine Art künstlerische Erforschung der Tonbänder Giacinto Scelsis. Und mehr als nur gelungen waren die Werke von Philippe Manoury, Rebecca Saunders und Clara Iannotta.
Alle «Highlights» sind nun gepresst auf der Wittener Doppel-CD. Manourys opulent raumgreifende Uraufführung in Form von Le temps, mode d’emploi für zwei Klaviere und Live-Elektronik entfaltet auf CD naturgemäß nicht die Kraft, die es vor Ort, bei der Aufführung durch das fantastische Klavierduo GrauSchumacher, hatte. Aber allein dass Manourys Werk nun diskografisch verfügbar ist, verleiht den CDs großen Wert. Rebecca Saunders’ düster-gewaltiges void für Schlagzeugduo und Kammerorchester ist entstanden mithilfe der sensiblen Klangerkundungen der Percussionisten Dirk Rothbrust und Christian Dierstein. Es überzeugt durch reichen Schlagwerkeinsatz, aber auch durch starke Verdichtung und Konzentration. Saunders hält die Zügel stets fest in der Hand. Ihre kompositorische Sicherheit ist frappierend.
Während sich Manoury und Saunders dem Dionysisch-Rauschhaften verschreiben, hält sich die 1983 in Rom geborene Clara Iannotta eher zurück. Ihr The people here go mad. They blame the wind entstand für das Trio Catch und zwölf von kleinen Elektromotoren angetriebene Spieluhren. Iannotta gelingt das Kunststück, dass sich die instrumentalen Zugaben mit dieser apart melancholischen Klangwelt der schnell verschwindenden Spieluhr-Töne vertragen. Den Tontechnikern dürfte die Mikrofonierung der Spieluhren Sorgen bereitet haben: Etwas zu laut sind sie vielleicht geworden. Doch das ist eben der Unterschied zwischen Live-Eindruck und «Konserve».
Pluspunkte kann die Doppel CD einige verbuchen. Neben der Aufnahmetechnik durch die erfahrenen WDR-Tontechniker wäre noch das durchweg hohe Interpretationsniveau zu nennen. Ob es sich nun um das junge Trio Catch handelt, das Klavierduo GrauSchumacher oder auch das seit 2012 in Witten spielende WDR Sinfonieorchester Köln – alle Musiker überzeugen, an keiner Stelle ist Unsicherheit spürbar. Die nicht im öffentlichen Handel erscheinende Doppel-CD ist für 18 Euro zzgl. Versandkosten über das Kulturbüro Witten (Ruhrstraße 69, 58452 Witten) zu beziehen.
Torsten Möller