Women Composers I

Werke von Katharina Rosenberger, Ada Gentile, Carmen Maria Cârneci, Liza Lim und Noriko Hisada

Verlag/Label: Hat[now]ART 182
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2011/05 , Seite 82

Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 4
Repertoirewert: 5
Booklet: 3
Gesamtwertung: 4

Drei verbindungsstiftende Aspekte vereinen die ansonsten sehr individuell gestalteten Kompositionen, welche auf der vorliegenden CD zu hören sind: allesamt stammen sie von Musikerinnen der Gegenwart, sind hier erstmals auf Tonträger eingespielt und werden drittens von Mitgliedern des Ensembles für Neue Musik Zürich interpretiert, zu dessen Anliegen dezidiert die «Förderung noch nicht etablierter junger Komponistinnen und Komponisten aus dem In- und Ausland» gehört.
Eröffnet wird diese Einspielung mit scatter 2.0 der Schweizer Komponistin Katharina Rosenberger, die hier ein Spiel mit trivialem Material vollführt, das sich bisweilen zu rhythmischen Patterns wie in der Minimal Mu­sic zu verdichten scheint, doch immer wieder Störungen des Ablaufs erfährt und von Abbrüchen und Schweigezonen durchsetzt ist. Bockig scheint die Musik sich der Berechenbarkeit zu widersetzen; in einer Abneigung gegen allzu geordnete Verläufe setzen die Instrumente ihre Impulse schubweise.
Dass die Italienerin Ada Gentile auch Pianistin ist, merkt man ihrer piccolo studio da concerto an, in der sie sich mit Klaviermusikidiomen der Vergangenheit auseinandersetzt. Das Werk scheint die lyrisch-poetische, aber auch die virtuose Klaviermusik des 19. und 20. Jahrhunderts zu reflektieren, ausgehend von Chopins Nocturnes bis hin zur verfeinerten Klangkunst eines Debussy und Ravel, doch durchaus auch mit einem Seitenblick auf die Motorik Serge Prokofjews. Die aus Rumänien stammende Carmen Maria Cârneci schickt in ihrem Sextett OMENS. Thesaurós Spieler und Hörer auf eine akustische Entdeckungsreise, bei der die einzelnen schimmernden und schillernden Klänge der Instrumente einander sehr willkürlich zu folgen scheinen. Doch fügen sie sich in der Rückschau zur umfassenden Figur und hinterlassen den Eindruck, einer Erzählung voller Geheimnisse gelauscht zu haben.
Sonorous Body hat Liza Lim, eine in Australien geborene Komponistin mit chinesischen Wurzeln, ihre Komposition für Klarinette solo genannt, die zunächst ganz lyrisch beginnt und den Gesang des Blasinstruments vielfach mikrotonal färbt. Dann nimmt Lims Werk an innerer Dynamik zu: die Linie löst sich in Triller und Koloraturen auf, wilde Sprünge zwischen hohem und tiefem Register lassen den dramatischen Pegel steigen, Rauhigkeiten der Tongebung durch Beimischung von Anblasgeräuschen und schlagzeugartige Effekte treten hinzu, bevor die Musik schließlich wieder ganz ruhig verklingt.
Fast wie ein verkapptes Violinkonzert wirkt abschließend das Sextett Yellow Axis der Japanerin Noriko Hisada. Ein schneller Puls treibt die Musik anfangs voran, wenn die Instrumente zu einem rhythmisch betonten Musizieren zusammenfinden. Dem stehen ein betont nachdenklicher Mittelteil mit mikrotonal gefärbten Harmonien gegenüber und ein neuerliches Einfrieren der Bewegung in den Schlusstakten, wo die erneut solistisch hervortretende Violine in himmlische Höhen entschwebt.
Gerhard Dietel