Breathing Life

Neue Musik für Akkordeonorchester von Stefan Hippe, Robin Hofmann, Claus Kühnl, Johannes S. Sistermanns und Andreas Wagner

Verlag/Label: Elektronikkonstruktion Rothmayr, E-K-R 0022012
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/02 , Seite 80

Musikalische Wertung: 3
Technische Wertung: 4
Booklet: 3

Wer die Einspielungen zeitgenössischer Werke mit Janne Rättyä oder Teodore Anzellotti kennt, der wird kaum noch auf die Idee kommen, das Akkordeon mit der einst so genannten «Quetschkommode» zu assoziieren. Variables, kantables Spiel bietet das moderne Knopfakkordeon ebenso wie differenzierte, durchaus auch dissonanzreiche Harmonik.
Die vorliegende CD widmet sich nun nicht dem Solospiel, sondern dem Akkordeonorchester. Fünf Komponisten haben sich auf das seltene Abenteuer eingelassen und für das Nürnberger Akkordeonorchester (NAO) respektive das Bundesakkordeonorchester (BuAkkO) Stücke geschrieben, die sich im Rahmen des auf Neue Musik-Festivals üblichen Formats, also zwischen zehn und 17 Minuten bewegen.
Ein Akkordeonorchester ist nicht ein SWR Symphonieorchester Baden-Baden und Freiburg – das sollte man wissen und das war glücklicherweise auch den Komponisten Andreas Wagner, Stefan Hippe, Claus Kühnl, Johannes S. Sistermanns und Robin Hoffmann bewusst. Klare Melodieführungen, rhythmisch Eingängiges und vertraut tonale Landschaften sind wiederkehrende Bestandteile der meisten Werke. Höhere Ansprüche an die Orchester stellen Jo­hannes S. Sistermanns, der die Musiker mit grafischen Notationen konfrontiert, und Robin Hoffmann, der seinen Beitrag Dampf schon 1997 für das Frankfurter Akkordeonorchester Akkordeana schrieb und über ein Jahr komplex organisierte Geräuschstrukturen einstudierte. Hoffmanns Stück ist aufgrund seines Farbenreichtums – das Orchester ist erweitert mit Percussion und zwei Elektronien – das gelungenste der vom Hessischen Rundfunk unter der Leitung Stefan Frickes produzierten CD.
Warum sich insgesamt keine echte Begeisterung einstellen mag, liegt weniger an den fruchtbaren Ansätzen der Komponisten als an grundsätzlichen Problemen, die zum großen Teil am Instrument selbst liegen. Auf Dauer wirkt der «schneidend-schnäbelnde» Klang des Akkordeons im Kollektiv einfach zu starr, zu spröde, zu eintönig. Dynamik und Subtilität können wohl Janne Rättyä oder Teodore Anzellotti ihrem vom versierten Ensemble begleiteten Instrument entlocken. Im Kollektiv aber wird es offenbar schwerer mit den Akkordeons.

Torsten Möller