Bach, Johann Sebastian

Die Kunst der Fuge

Ein Film von Uli Aumüller

Verlag/Label: Arthaus 101 467
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2010/01 , Seite 79

Akademie für Alte Musik Berlin: Das schwerelose Kollektiv

Und gleich nochmals Bachs Kunst der Fuge: Der Filmemacher Uli Aumüller stellte sich der nicht einfachen Aufgabe, ein Konzert der Akademie für Alte Musik Berlin mit diesem singulären Werk visuell umzusetzen. Die Aufnahme entstand 2007 live im Radialsystem V in Berlin. Die 21 Musikerinnen und Musiker, die ohne Dirigent spielen, sind aufgeteilt in einzeln ausgeleuchtete, auf der Bühne weiträumig verteilte Gruppen, die im dunklen Raum wie Licht- und Klanginseln erscheinen; nur bei den großen Tutti-Sätzen ist die ganze Bühne hell erleuchtet. Das Bild ist unablässig in Bewegung; die Kameras kurven in langsamen Fahrten und Schwenks über die Musiker hinweg, geschmeidig um sie herum oder picken einzelne von ihnen heraus. In den besten Momenten gelingt es der Bildregie die innere Bewegung der Musik, die vom Ensemble auf bewundernswert suggestive Weise nachempfunden wird, in entsprechende Bildrhythmen umzusetzen. Dann scheinen Interpreten, Bild und Musik im Einklang zu schwingen und erhalten etwas Schwere­loses.
Den eingangs geschilderten typischen Schwierigkeiten einer Orchesterverfilmung entgeht der Film trotzdem nicht. So interessant es ist, die historischen Instrumente bei dieser Instrumentierung der Fugen von Bachs zu beobachten, so schwungvoll die Kamerabewegungen den Raum durchmessen: auf Dauer fragt man sich, warum man ständig die Reihen der hingebungsvoll blasenden und streichenden Musiker auf- und abgehen, die Perspektive wechseln und im Vogelflug durch den Raum schweben soll. Die Sensibilität der Herangehensweise und die gelungene Bildkomposition sind zwar beeindruckend, aber je länger desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass die Kunst der Fuge eben doch keine Bilder braucht.

Max Nyffeler