Köster, Frederik

Die Verwandlung

Verlag/Label: Traumton Records
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2014/01 , Seite 88

Musikalische Wertung: 4
Technische Wertung: 4
Booklet: 3

Auf der deutschen Jazzszene ist seit einigen Jahren ein Generationenwechsel im Gange. Junge Musiker wie Michael Wollny und Nils Wogram schieben sich in den Vordergrund und ersetzen allmählich die alte Garde. Der 36-jährige Trompeter Frederik Köster zählt zu diesem Kreis. Akademisch gebildet und spieltechnisch hochversiert, steckt der Nachwuchs voller Ideen, die um die raffinierte Vermischungen bekannter Stilelemente kreisen. Im Jazz sind heute Alchemisten gefragt.
Kösters Quartett heißt «Die Verwandlung», was programmatisch zu verstehen ist und unterstreicht: Keine Komposition aus seiner Feder endet so, wie sie begonnen hat! Immer finden im Spielprozess Häutungen und Verformungen statt. Die Strukturen ändern sich ebenso wie das klangliche Material. Rhythmuswechsel und dynamische Pendelausschläge finden statt. Manchmal spielt Köster seine Trompete mit Dämpfer, dann wieder mit aggressiverem Ton. Zeitweise klingt er so feurig wie Miles Davis, dann wieder so agil und wendig wie Freddie Hubbard oder so verträumt-romantisch wie Chet Baker.
Kösters Mitmusiker – weit mehr als bloße Begleiter – folgen dem Bandleader auf dem Fuß und springen mit Bravour durch jeden Reifen, der ihnen von den Kompositionen präsentiert wird. Virtuos nimmt Pianist Sebastian Sternal die Impulse auf und spinnt sie auf interessante Art weiter, während Kontrabassist Joscha Oetz nicht nur für ein solides Fundament sorgt, sondern im entscheidenden Moment auch mächtig Dampf machen kann. Als reines Dynamit erweist sich Schlagzeuger Jonas Burgwinkel, der als trommelnder Tausendsassa selbst den komplexesten Ryhthmusfiguren noch einen tänzerischen Swing abzugewinnen vermag, wobei er Druck und Intensität immer noch um ein paar Grade steigern kann. Frederik Köster & Die Verwandlung entwerfen einen modernen Jazz, der sich auf die stilistische Gemengelage der Gegenwart einläßt und sich so gelassen wie selbstbewußt jenseits der ideologischen Gräben zwischen Radikalen und Traditionalisten positioniert, mit Klängen, die nicht nur aus einer Quelle schöpfen.

Christoph Wagner