Hirsch, Michael

La Didone abbandonata / 5. Studie / Streichquartett / Umbau 2 / Tragicomedia

Verlag/Label: Wergo WER 67522
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/01 , Seite 85

Musikalische Wertung: 4
Technische Wertung: 4
Booklet: 4

Eine enge Beziehung zum experimentellen Musiktheater pflegt Michael Hirsch schon als Mitglied der Berliner «Maulwerker», aber auch als Komponist hat er sich in den letzten Jahren immer häufiger szenischen Projekten zugewandt.
Seine Kurzoper La Didone abbandonata (2003) komprimiert die bühnenerprobte Geschichte von Dido und Aeneas auf sage und schreibe 13 Theater-Minuten. In windschiefen Doppel-Arien und Duetten, fragmentarischen Dialogen und Monologen reden die Protagonisten geschäftig aneinander vorbei.
Dass die Musique concrète eine wichtige Inspirationsquelle im Schaffen von Hirsch darstellt, zeigen Bandkompositionen wie 5. Studie (2011) oder Umbau 2 (2010), die als wirklichkeitshaltige Mixtur aus Sprachfetzen, Lautartikulation und Geräuschklang Teil des werkübergreifenden Projekts Das Konvolut sind.
Die Tragicomedia (2008) im wunderbaren Live-Mitschnitt vom ECLAT-Festival ist den Stuttgarter Vokalsolisten «auf den Leib geschrieben». «Grotesk-clowneske, innerlich-melancholische oder grausam-entlarvende Züge» kann dieses wuselige A cappella-Werk über einen Text von Fernando de Rojas annehmen: ein permanenter Balanceakt zwischen den Sprachen und Rollenverständnissen, Gesang und «Maulwerkerei».

Dirk Wieschollek