Davies, Peter Maxwell

Resurrection

Verlag/Label: 2 CDs, Naxos 8.660 359-60
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2015/01 , Seite 84

Musikalische Wertung: 3
Technische Wertung: 4
Booklet: 2

Für die Anhänger der Musik von Peter Maxwell Davies besteht Grund zur Freude: Nachdem viele der vom Komponisten persönlich eingespielten und von Collins Classics veröffentlichten CDs lange nicht greifbar waren (das Label existiert nicht mehr), werden die Aufnahmen seit einiger Zeit nach und nach von Naxos wiederveröffentlicht. Das gilt auch für das Musiktheaterstück Resurrection, das in der 1994 entstandenen Einspielung mit dem Komponisten am Pult nun erneut vorliegt.
Resurrection nimmt in Davies’ Schaffen eine Außenseiterposition ein – und dies, obwohl ihn das Sujet über einen langen Zeitraum beschäftigte (erste Pläne stammen bereits aus den frühen 1960er Jahren, ausgearbeitet und uraufgeführt wurde das Werk erst in den späten 80ern) und dessen Inhalt ihm sehr am Herzen liegt. Es geht in erster Linie um die Korruption des Menschen durch die Zwänge einer immer konformistischer werdenden Gesellschaft und die Diktatur der kommerziellen Massenmedien. Als «Held», oder besser gesagt: als Opfer der Handlung fungiert eine stumme Gliederpuppe, die von Familie und Autoritäten allmählich ihrer Identität beraubt wird, bis sie schließlich ihre «Wiederauferstehung» als Monster feiert. Und noch eine weitere symbolische Figur erhebt sich aus dem Grabe und spricht die letzten Worte: der Antichrist.
Das Werk – nach einem eigenen Libretto – gibt Maxwell Davies reichlich Gelegenheit, seiner harschen
Zivilisationskritik auch musikalisch Ausdruck zu verleihen: durch eine wüste, zum allergrößten Teil paro­distisch angelegten Stilcollage, in der so gut wie alles durch den bösartigen Kakao gezogen wird, was zur Charakterisierung unterdrückerischer gesellschaftlicher Kräfte taugt: religiöse Hymnen, Märsche, populäre Musik aller möglicher Herkunft und nicht zuletzt auch Rockmusik (eine Band gehört zum Personal der Oper). Davies’ bissiger Humor dominiert in Resurrection beinahe jeden Winkel der Partitur. Dies mag auch als ihre Schwäche angesehen werden: Angesichts der Menge zivilisatorischen Mülls, den der Komponist voller Anklage ausschüttet, sei denn doch die Frage nach der Transzendenz erlaubt. Eine Gegenwelt findet sich in Resurrection ebenso wenig wie ein regelrechter Charakter: Die einzige Person, die sich darüber beklagen könnte, was in der von Davies hier präsentierten Welt passiert, ist und bleibt stumm. Der Hörer wird von einer Flut von Parodien quasi erschlagen, und während er den gesellschaftspolitischen Absichten des Komponisten beipflichtet, bleibt er mit einer gewissen Ratlosigkeit zurück.
An der Aufführung gibt es allerdings nichts auszusetzen – und die Bekanntschaft mit dem Werk lohnt trotz allem. Das Beiheft zeigt sich weniger freigiebig als das der Originalveröffentlichung: Den Begleittext gibt es nur auf Englisch, und das Libretto steht lediglich online zur Verfügung.

Thomas Schulz