Silvestrov, Valentin
Sacred Songs
Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 4
Booklet: 2
Eine Spur zu sehr verlässt sich diese Einspielung auf die akustischen Verhältnisse in der als Aufnahmeort dienenden St. Michaelskirche zu Kiew, denn die Artikulation der Sänger wird oftmals zugunsten schwebender Klangwolken in den Hintergrund gedrängt. Als Strategie zur Vermittlung einer sakralen Atmosphäre im häuslichen Wohnzimmer mag man dies akzeptieren, doch degradiert es die Musik stellenweise auch zum Impulsgeber für Wohlfühlklänge. Von den vielseitigen Wendungen im vokalen Komponieren Silvestrovs oder dem immer wieder als Gestaltungsmittel eingesetzten Abfärben der Stimmgruppen aufeinander bekommt man, gerade bei ineinander verschwimmenden harmonischen Bildungen, weitaus weniger mit, als man sich wünschen würde.
Dies schmälert jedoch keineswegs die musikalischen Leistungen des Kammerchors Kiew unter der Leitung von Mykola Hobdych: Als Klangkörper in sich geschlossen und abgerundet, begeistert er beim Vortrag der kantablen Melodik und der gelegentlich zu sehr intensiven Situationen verdichteten Gestaltung primär harmonisch wirksamer Ereignisse mit weiträumig aufgebauten Crescendi oder Zurücknahmen, aber auch mit dem passagenweisen Hervortreten einzelner solistisch agierender Choristen oder Chorgruppen. Zum Abwechslungsreichtum der Produktion trägt wesentlich bei, dass die Besetzungsvorgaben innerhalb des Chors von Werk zu Werk variieren, sodass der Hörer einen differenzierten Gesamteindruck von Silvestrovs geistlicher Chorkunst erhält.
Stefan Drees