Conen, Hermann

Stockhausen und Pärt: Antipoden geistlicher Musik?

erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2015/01 , Seite 62
Sie waren über sieben Jahrzehnte Zeitgenossen, wurden vom selben Verleger Alfred Schlee für die Wiener Universal Edition unter Vertrag genommen, haben sich dennoch nie getroffen und öffentliche Äußerungen des einen über den anderen gibt es nicht. In der Welt der zeitgenössischen Musik gelten sie als absolute Antipoden: der extrovertierte Maximalist Karlheinz Stockhausen als Neuschöpfer einer sich aus esoterischen Quellen speisenden «geistig-geistlichen Musik» und Arvo Pärt als introvertierter Minimalist, dessen Vokal- und Instrumentalwerke so gut wie ausschließlich mit christlichen Texten komponiert werden. Wer allerdings bis in die musikalischen Poetiken der Antipoden vordringt, in die Werkstätten eindringt, in denen die musikalischen Entscheidungen fallen, erlebt eine Überraschung.