Hefti, David Philip

String Quartets

Ph(r)asen / Guggisberg-Variationen / Mobile / con fuoco

Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm Audiovision, MDG 307 1773-2
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/02 , Seite 87

Musikalische Wertung: 3
Technische Wertung: 5
Booklet: 3

Im Booklet bezeichnet Thomas Meyer die Qualitäten der Musik von David Philip Hefti folgendermaßen: Von einer «Klarheit der Gestaltung» sei sie geprägt, zugleich von einer «großen klanglichen Differenzierung». Die Abläufe der vier Streichquartette, so Meyer, «erschließen sich sofort» und «lassen doch dem mehrmaligen Hören Raum». – All das ist richtig. Aber der aufmerksame Leser ahnt angesichts solcher Charakterisierungen auch die möglichen Schattenseiten der Hefti’­schen Musik. «Klarheit»? Schön und gut. Die Grenze aber zu «Vorhersehbarkeit» ist schwer zu ziehen. Und hier liegt das Problem: Je länger die CD rotiert, desto mehr stellt sich das Gefühl der Durchschaubarkeit der «Methode Hefti» ein. Rätselhaftes, Überraschendes, letztlich auch für Kunst essenzielle Verstörung ist Mangelware. Jene vielfältigen Traditionsbezüge, die Meyer auch beschreibt – auf Dauer schmecken sie doch ein wenig schal.
Solcherlei Kritik berührt mehr die Haltung eines Komponisten als seine kompositorischen Fähigkeiten. Letztere sind da. Heterogene Mittel vermag Hefti ohne Brüche zu verknüpfen. Den «Guggisberg-Variationen» (2008), die auf der Melodie des Schweizer Volkslieds «s’Vreneli ab em Guggisberg» beruhen, stellt Hefti die melancholische-getragene Melodie in ihrer tonalen Urspungsgestalt voran und verändert sie später mit allerhand Ingredienzen avancierter Kompositionsmittel. Insgesamt bleibt der Ton unbeschädigt. Techniken wie Atomisierung, Reduktion oder das schillernde Spielchen mit Klangfarben indes spielen eine überzeugende Rolle. Hefti behält stets die Kontrolle und verschleiert auch nichts mit kitschigen Subjektivismen oder ähnlichem. Ja, komponieren kann er, der 1975 Geborene und kürzlich mit dem Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung Ausgezeichnete.
«con fuoco», das jüngste, 2011 für das Leipziger Streichquartett entstandene Werk, ist das gelungenste Stück auf der CD. Hier ist weniger klar, wohin die Reise geht. Kein griffiges Thema stellt Hefti an den Anfang, sondern schlichte Geräuschfelder. Erst nach und nach nimmt das Werk Kontur an, sammelt sich in Form griffiger Melodik (das Vibrato der Streicher wirkt hier eintönig), um schließlich in Bartók’­scher Motorik und Kratzbürstigkeit zu enden. Etwas musikantisch klingt das. Aber hier hat die oft beschworene Tradition noch Kraft. Auch Dank einer fantastischen Klanglichkeit der Produktion aus dem Hause Dabringhaus und Grimm.

Torsten Möller