Schäfer, Sabine / Joachim Krebs

TopoSonic Arts 1997-2006

Verlag/Label: Kehrer, Heidelberg 2007
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2008/03 , Seite 82

Die Disziplin der Klangkunst ist irgendwo zwischen Musik, Architektur und bildender Kunst angesiedelt. Ihr Ort ist nicht der Konzertsaal, sondern Museen, Galerien und öffentliche Plätze. Mit Klanginstallationen werden Räume in akustische Erlebniszonen verwandelt, die das Publikum zum genaueren Hinhören animieren. Seit zehn Jahren arbeiten Sabine Schäfer und Joachim Krebs an «der Inszenierung des Raums durch Klang» und haben es mittlerweile mit ihren Installationen zu internationaler Beachtung gebracht.
Das Spektrum ihrer so genannten «Raumklangmilieus» ist groß. Sie reichen von begehbaren «Raumklang­körpern» bis zu künstlichen «Soundscapes». So hat das Künstlerpaar vor drei Jahren für die Ausstellung «Natur & Kunst» des Garten­festivals auf Schloss Ippenburg bei Osnabrück mit dem Landschaftsarchitekten Ulrich Singer einen Brennnesselgarten mit Lilien und Raumklängen entworfen. Während das Publikum auf einem
lila Bretterweg durch den Wildgarten wandelte, riefen wundersame Klänge und Geräusche, die entfernt an Insekten und Käfer erinnerten, bei den Besuchern Verblüffung hervor.
Bevor sich Sabine Schäfer und Joachim Krebs auf Klangkunst spezialisierten, waren sie als Kompo­nisten zeitgenössischer Musik in Erscheinung getreten. Deshalb sind ihre Installationen auch durch einen Form­willen geprägt, der ein besonderes Augenmerk auf die akustische Situation der jeweiligen Lokalität legt, die mit klanglichen Mitteln transformiert werden soll. Komplexe vielkanalige Lautsprechersysteme und Steuerungs­anlagen helfen, einen normalen Raum in einen atmosphärischen Klang­raum zu verwandeln. Im neuen Science Center Phaeno von VW in Wolfsburg wurde ein Durchgang mit Hilfe eines computergestützten digitalen Beschallungssystems in einen nicht alltäglichen Schalltunnel verwandelt. Dazu wird Tonmaterial verwendet, das zuvor einer intensiven Behandlung unterzogen wurde. Meistens sind es Aufnahmen von Originalklängen oder Geräuschen aus der Natur, wie das Brummen von Insekten oder das Plätschern von Wasser, die als Roh­material dienen. Diese Klänge werden verlangsamt, gedehnt und in tiefere Frequenzen transponiert. Kleine Partikelchen werden anschließend zu immer wiederkehrenden «Klangschlei­fen» zusammengepuzzelt, wobei durch technische Eingriffe die Tiefenstrukturen eines bestimmten Klangs deutlicher zum Vorschein gebracht werden.
Schäfer und Krebs kommt es darauf an, die Klänge wie mit einem Mikroskop aufzublasen, um auf diese Weise verborgene Eigenschaften hör­bar zu machen, die sich normalerweise der menschlichen Wahrnehmung ent­ziehen. Ziel ist es, das Erleben von Klängen durch Verfremdung zu intensivieren, wobei es letztlich darum geht, das Ohr als Medium der Wahrnehmung zu sensibilisieren und es als Organ der Welterschließung neu zu entdecken.

Christoph Wagner