Pécou, Thierry

Tremendum

Verlag/Label: harmonia mundi HMC 905269
erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2012/06 , Seite 85

Musikalische Wertung: 3
Technische Wertung: 4
Booklet: 4

Der französische Komponist und Pianist Thierry Pécou hat nach eigenem Bekunden nichts Geringeres vor als «die ganze Welt zum Klingen zu bringen». Ein nicht gerade bescheidenes Vorhaben mit dem Ziel, den «Ritual-Charakter» von Musik zu reaktivieren. Dazu lässt sich Pécou durch Traditionen inspirieren, die auf allen Kontinenten dieser Welt beheimatet sind, insbesondere aber von Musik aus Mittel- und Lateinamerika.
Also hinein in die globale Ekstase: L’arbre aux fleurs für fünf Schlagzeuger ist eine Hommage an die Marimba-Tradition Mexikos zwischen Dorffest und Totenritual; Manoa für Bassflöte, Bassklarinette und Cello sucht mit archaischer Wucht und schreienden Farben den sagenumwobenen Goldschatz Amazoniens, während Soleil-Tigre einen aztekischen Schöpfungsmythos in Dialogen von Cello und Klavier mit (scha-) manischen Ostinati heraufbeschwört. Dass hier so manches an Rhythmus und Melodie hart am Rand der Naivität und Gefälligkeit kratzt, bringt dann Paseo de la Reforma endgültig auf den Punkt.
Interessantestes, weil vielschichtigstes und widersprüchlichstes Stück der CD ist das titelgebende Tremendum: eine bunte Flickschusterei mit harten Schnitten, das in seinen besten Momenten klingt wie eine Mischung aus Bartók, Strawinsky und John Zorn.

Dirk Wieschollek