Rathert, Wolfgang
Wagner heute?
Das Werk Wagners fungiert heute als Katalysator der unterschiedlichsten künstlerischen Weltentwürfe
Wie würde eine Umfrage zu Richard Wagner angesichts einer im Jubiläumsjahr 2013 an Wucht wohl kaum mehr zu überbietenden, auf allen medialen Kanälen und Podien des internationalen Musiklebens sich ergießenden Wagner-Welle unter Komponistinnen und Komponisten unserer Zeit ausfallen? Würde sie zeigen, dass die heutige Generation vor Wagners Omnipräsenz kapituliert hat und diese gleichzeitig ignoriert, dass sie Wagner als eine zwar zentrale Figur auf dem Feld des Musiktheaters und der jüngeren westlichen Musikgeschichte würdigt, aber ihn genau deshalb als eine bereits historisch erledigte, im wörtlichen Sinne restlos «kultivierte» Erscheinung ad acta legen kann? Oder wäre Wagner weiterhin als Imaginations- und Projektionsfigur höchst lebendig entweder in Gestalt eines Heiligen oder eines Ahasver, über den nur manichäische Urteile von «Gut» oder «Böse» gefällt werden können?