Cloot, Julia

Züge eines Gesamtkunstwerks?

Richard Wagner und das aktuelle Musiktheater

erschienen in: Neue Zeitschrift für Musik 2013/01 , Seite 28
Richard Wagners Gesamtkunstwerk und das Musiktheater des 20. und 21. Jahrhunderts haben vielerlei Gemeinsamkeiten: Beide Termini verstehen sich als Gegenbegriffe zur überkommenen Oper, der sie einen Neuanfang entgegensetzen; beide Termini sind definitionsabhängig oder sogar anhand des einzelnen Werks jeweils neu zu bestimmen; beide Termini schließlich werden inflationär gebraucht, sind Rezep­tionsphänomene. Das Etikett Musiktheater ist inzwischen Kulminationspunkt und Sammelbecken für eine fast unüberschaubare Formenvielfalt. Auch das Wort «Gesamtkunstwerk» ist zu einer populären Begriffshülse geworden, die oft umstandslos synonym für künstlerische Großprojekte verwendet wird. Versteht man die Oper im Hinblick auf die in ihr zusammenwirkenden Künste formal als Gesamtkunstwerk, so gerät die Deutung des von Wagner (nur wenige Male explizit) verwendeten Begriffs in eine Schieflage. Julia Cloot exemplifiziert ihre Ausführungen anhand von Manos Tsangaris' «Batsehba – Eat The History».